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Dieses Thema ist sehr umfangreich. Wenn
wir etwas suchen finden wir sehr viele Beispiele, in denen die Gefahren des
assoziativen Denkens klarer werden.
Das Rauchen.
Gehen wir kurz darauf ein. So wie uns die
doofe, "schöne Kleidung" anfangs nur hinderlich erscheint, weil
sie unseren Spieltrieb behindert, so erscheint uns das Rauchen anfangs auch
nur unangenehm im Geschmack. Zudem sind wir gezwungen, dafür Geld auszugeben,
das wir ja auch für Süßigkeiten, Spielzeug oder Ähnliches Verwenden
könnten. Aber natürlich fanden wir auch bald bestimmte Nützlichkeiten des
Rauchens, die uns in der Summe des Positiven mehr erschien als der
furchtbare Geschmack und die Kosten im Negativen. Außerdem haben sich
einige unserer Freunde eh schon an den blöden Geschmack gewöhnt. Oder taten
die nur so, als wenn´s schmeckte? Wie dem auch
sei, wir hofften darauf, dass der Zustand der Gewöhnung bei uns auch bald
eintrat. Was war nun dieses, was wir in Verbindung mit dem Rauchen der
Zigaretten als positiv interpretierten? In dieser Lebensphase war einer
unserer größten Wünsche das Ältersein. Ältere
durften mehr, hatten schon Freundinnen, durften in die Filme ab 18 Jahren
und hatten einfach mehr von dem großen Gut "FREIHEIT". Nicht
umsonst wirbt die Zigarettenindustrie assoziativ mit der Freiheit der
großen weiten Welt! Eine Zigarette im Mundwinkel ließ uns nicht nur cool
erscheinen, sondern sie machte uns gleich ein bis zwei Jahre älter. Uncool
erschienen wir auch, wenn wir unsere Finger nervös über den Tisch gleiten
hätten lassen oder in der Nase gebohrt hätten oder wenn wir auf unseren
Fingernägeln rumgebissen hätten. Da machte sich der weiße Stängel in
unseren Händen schon wesentlich besser. Die Zigarette vergrößerte unsere
Chancen beim anderen Geschlecht enorm. Wir hatten durch das Rauchen die
Möglichkeit, zur oder zum Auserwählten hinzugehen und zu fragen
:"mogsd a oane,
i bin da Bäda, wia hoasd´n Du und wos mochsdn haid no?" Was
sollten wir wohl ohne Zigarette in so einer Situation tun? Nicht
auszudenken. Auch das Zigaretten-Schnurren war eine legitime
Kontaktknüpfungsmöglichkeit, die uns die mögliche Bloßstellung eines
direkten Kontaktversuches ersparte. Es war leichter zu verkraften, nur
keine Zigarette zu kriegen, als als Mann im
innersten erschüttert, gar noch öffentlich einen Korb zu ernten. Ein
anderer Rauchgrund: Akzeptiert zu werden war und ist oft assoziiert damit,
angenommen, integriert und geliebt zu werden. Im Verlauf unserer Pubertät
und danach stellten die Rauchergruppen meist unsere favorisierten
Freundeskreise dar. Um innerhalb dieser Gruppen akzeptiert, angenommen,
aufgenommen und integriert zu sein, waren ganz bestimmte Verhaltensweisen
und Äußerlichkeiten die Voraussetzung. Wir demonstrierten dieselben Ideale,
Frisuren, Kleidungsart, Jargon, Tanzweise, Schminke und Verhaltensweisen.
Gewissermaßen galten die Gruppenverhaltensweisen als Eintrittskarte in die
Gruppe. Und das Rauchen war nun mal oft ein zentraler Kern der
Verhaltensweise der idealisierten Gruppen. Somit verhalf uns das Rauchen
zum Eintritt in die Gruppe, damit zur Akzeptanz, zum Aufgenommen- und Integriertsein. Und die Integrationsempfindungen waren
sowieso immer Mangelware. Ein weiterer Grund des Rauchens war der Widerstand
in Form von Trotz, der aus dem meist gegebenen Verbot des Rauchens
entstand. Wir zeigten uns vor unseren Freunden durch die Zigarette im Mund
als der triumphierende Sieger im Rauchermachtkampf zwischen Eltern und
Kind. Wieder ein Grund war die Pauselegitimation. Stellen sie sich vor, sie
sitzen an ihrem Arbeitsplatz am Schreibtisch. Sie lehnen sich zurück, sehen
den Wolken draußen beim vorüberziehen zu, während sie eine kleine
Arbeitspause einlegen. Ihr Chef betritt das Zimmer und sieht sie untätig
dasitzen. Seine Frage: "Haben Sie nichts zu tun? Streiken Sie oder
sind Sie krank?" ist fast schon vorprogrammiert. Hätten sie jedoch in der selben Situation eine Zigarette zwischen den Lippen,
so würde ihr Vorgesetzter ohne zu fragen ihre Zigarettenpause akzeptieren.
Dieser unbewussten Kenntnis folgend assoziieren wir selbst die Rauchzeit
als kurze Zeit der Befreiung vom Arbeitsdruck. In uns entsteht der
Eindruck, dass unser Rauchen eine Pause legitimiert. Und wieder haben wir
eine Assoziation der Befriedigung. Andere mögliche Begründungen liegen in
unserer ferneren Kindheit. Als kleine Menschen lag ein oft gegangener Weg
zur Realitätserfahrung und -begreifung in unserem
Mund. Nahrungsaufnahme erfolgte durch den Mund. Mund, Lippen und
Zungenkontakt war vermutlich befriedigend. Wir
lernten, Gegenstände durch "in den Mund schieben" besser kennen.
Schon damals durften wir viele der Gegenstände nicht in den Mund schieben.
Je älter wir wurden, um so mehr wurde uns verboten, Gegenstände durch
"in den Mund schieben" kennen zu lernen. "Das tut man doch
nicht" war die verbietende Äußerung der Umwelt. "Finger raus,
Bleistift raus", und so weiter hörten wir immer wieder. Irgendwann kam
dann die Zeit der Zigarette. Diese Mundkonfrontation war nun nicht mehr
verboten, sondern sie wurde sogar von idealisierten Menschen gefördert. Was
konnte uns besseres geschehen für unsere lang vermisste orale Befriedigung?
Soviel kurz zum Thema Rauchen. Es ist nur
ein Beispiel von vielen, bei denen durch den Vorgang der Identifikation und
der Assoziation ein biologisch destruktives Verhalten schleichend immer
positiver empfunden wird und schließlich Sucht auslöst.
peterhartberger@gmail.com
Copyright
© 1999 Peter A. Hartberger
Donnerstag, 06. August 2009
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