Gefahren des assoziativen Denkens

Unser assoziatives Denken scheint eine Grundlage unseres Gedächtnisses und Lernens zu sein. Wir verbinden neue Informationen mit vorhandenen Werten. So wichtig es für uns ist, es hat auch einige Tücken. Im Folgenden will ich versuchen auf einige Gefahren des assoziativen Denkens einzugehen.

 

 

 

ass01

 

Biologisch scheinen wir, solange wir nicht in der Not des Lebenserhaltes stecken oder müde sind den direkten Weg zur Lustbefriedigung zu nehmen.

Unsere biologischen Lustbefriedigungsmedien scheinen zu sein :

Fühlen

Schmecken

Riechen

Sehen

Liebe

Neugierde

Spiel .....

 

 

 

ass02

 

Unsere Umwelt, meist in Form der Eltern, der Lehrer, Verwandter und Bekannter be- oder verhindern oft unseren direkten Weg zur Befriedigung und bestimmen, wann, wo, mit wem, wie oft und auf welche Art wir uns befriedigen dürfen.

Unsere Selbstbestimmung und Geradlinigkeit wird somit behindert.

 

 

Im Abhängigkeitsfall sind wir nun gezwungen, die Erwartungen der Menschen unser Umwelt zu erfüllen, um über den Mechanismus von positivem Feedback diese Umwelt uns gegenüber günstig zu stimmen um dadurch möglichst viel Befriedigungsrationen zu erhalten.

Dieses positive Feedback wird “Mittel zum Zweck”, Befriedigung zu erhalten.

 

 

ass03

 

 

 

ass04

 

 

 

Anfangs war das positive Feedback unserer Umwelt nur “Mittel zum Zweck”, Befriedigung zu erhalten. Durch unser menschliches  assoziatives Denken entstand aber bald eine Verbindung in unserer Psyche zwischen Befriedigung und dem positiven Feedback. Durch die Assoziation empfanden wir bald das positive Feedback als befriedigend und verfolgten das Ziel, positives Feedback zu erreichen.

 

Durch Aktivitäten, die negatives Feedback in unserer Umwelt auslösen erkennen wir schnell, dass wir uns den Weg zur Befriedigung massiv verbauen. Die Folge ist Verlustangst, die wir mit dem negativen Feedback assoziieren.

 

 

 

ass05

 

 

 

ass06

 

Durch unser assoziatives Denken in Verbindung mit einem konsumorientierten Rennen in die Richtung des scheinbar befriedigenden “Mittels zum Zweck” sind wir oft an den biologischen Befriedigungsmechanismen vorbeigelaufen. In unserer Sucht und unserem Rennen nach positivem Feedback verbrauchen wir mehr und mehr Energie ohne die Möglichkeit des Energiegewinns durch biologische Befriedigung.

 

 

Dieses Thema ist sehr umfangreich. Wenn wir etwas suchen finden wir sehr viele Beispiele, in denen die Gefahren des assoziativen Denkens klarer werden.

Das Rauchen.

Gehen wir kurz darauf ein. So wie uns die doofe, "schöne Kleidung" anfangs nur hinderlich erscheint, weil sie unseren Spieltrieb behindert, so erscheint uns das Rauchen anfangs auch nur unangenehm im Geschmack. Zudem sind wir gezwungen, dafür Geld auszugeben, das wir ja auch für Süßigkeiten, Spielzeug oder Ähnliches Verwenden könnten. Aber natürlich fanden wir auch bald bestimmte Nützlichkeiten des Rauchens, die uns in der Summe des Positiven mehr erschien als der furchtbare Geschmack und die Kosten im Negativen. Außerdem haben sich einige unserer Freunde eh schon an den blöden Geschmack gewöhnt. Oder taten die nur so, als wenn´s schmeckte? Wie dem auch sei, wir hofften darauf, dass der Zustand der Gewöhnung bei uns auch bald eintrat. Was war nun dieses, was wir in Verbindung mit dem Rauchen der Zigaretten als positiv interpretierten? In dieser Lebensphase war einer unserer größten Wünsche das Ältersein. Ältere durften mehr, hatten schon Freundinnen, durften in die Filme ab 18 Jahren und hatten einfach mehr von dem großen Gut "FREIHEIT". Nicht umsonst wirbt die Zigarettenindustrie assoziativ mit der Freiheit der großen weiten Welt! Eine Zigarette im Mundwinkel ließ uns nicht nur cool erscheinen, sondern sie machte uns gleich ein bis zwei Jahre älter. Uncool erschienen wir auch, wenn wir unsere Finger nervös über den Tisch gleiten hätten lassen oder in der Nase gebohrt hätten oder wenn wir auf unseren Fingernägeln rumgebissen hätten. Da machte sich der weiße Stängel in unseren Händen schon wesentlich besser. Die Zigarette vergrößerte unsere Chancen beim anderen Geschlecht enorm. Wir hatten durch das Rauchen die Möglichkeit, zur oder zum Auserwählten hinzugehen und zu fragen :"mogsd a oane, i bin da Bäda, wia hoasd´n Du und wos mochsdn haid no?" Was sollten wir wohl ohne Zigarette in so einer Situation tun? Nicht auszudenken. Auch das Zigaretten-Schnurren war eine legitime Kontaktknüpfungsmöglichkeit, die uns die mögliche Bloßstellung eines direkten Kontaktversuches ersparte. Es war leichter zu verkraften, nur keine Zigarette zu kriegen, als als Mann im innersten erschüttert, gar noch öffentlich einen Korb zu ernten. Ein anderer Rauchgrund: Akzeptiert zu werden war und ist oft assoziiert damit, angenommen, integriert und geliebt zu werden. Im Verlauf unserer Pubertät und danach stellten die Rauchergruppen meist unsere favorisierten Freundeskreise dar. Um innerhalb dieser Gruppen akzeptiert, angenommen, aufgenommen und integriert zu sein, waren ganz bestimmte Verhaltensweisen und Äußerlichkeiten die Voraussetzung. Wir demonstrierten dieselben Ideale, Frisuren, Kleidungsart, Jargon, Tanzweise, Schminke und Verhaltensweisen. Gewissermaßen galten die Gruppenverhaltensweisen als Eintrittskarte in die Gruppe. Und das Rauchen war nun mal oft ein zentraler Kern der Verhaltensweise der idealisierten Gruppen. Somit verhalf uns das Rauchen zum Eintritt in die Gruppe, damit zur Akzeptanz, zum Aufgenommen- und Integriertsein. Und die Integrationsempfindungen waren sowieso immer Mangelware. Ein weiterer Grund des Rauchens war der Widerstand in Form von Trotz, der aus dem meist gegebenen Verbot des Rauchens entstand. Wir zeigten uns vor unseren Freunden durch die Zigarette im Mund als der triumphierende Sieger im Rauchermachtkampf zwischen Eltern und Kind. Wieder ein Grund war die Pauselegitimation. Stellen sie sich vor, sie sitzen an ihrem Arbeitsplatz am Schreibtisch. Sie lehnen sich zurück, sehen den Wolken draußen beim vorüberziehen zu, während sie eine kleine Arbeitspause einlegen. Ihr Chef betritt das Zimmer und sieht sie untätig dasitzen. Seine Frage: "Haben Sie nichts zu tun? Streiken Sie oder sind Sie krank?" ist fast schon vorprogrammiert. Hätten sie jedoch in der selben Situation eine Zigarette zwischen den Lippen, so würde ihr Vorgesetzter ohne zu fragen ihre Zigarettenpause akzeptieren. Dieser unbewussten Kenntnis folgend assoziieren wir selbst die Rauchzeit als kurze Zeit der Befreiung vom Arbeitsdruck. In uns entsteht der Eindruck, dass unser Rauchen eine Pause legitimiert. Und wieder haben wir eine Assoziation der Befriedigung. Andere mögliche Begründungen liegen in unserer ferneren Kindheit. Als kleine Menschen lag ein oft gegangener Weg zur Realitätserfahrung und -begreifung in unserem Mund. Nahrungsaufnahme erfolgte durch den Mund. Mund, Lippen und Zungenkontakt war vermutlich befriedigend. Wir lernten, Gegenstände durch "in den Mund schieben" besser kennen. Schon damals durften wir viele der Gegenstände nicht in den Mund schieben. Je älter wir wurden, um so mehr wurde uns verboten, Gegenstände durch "in den Mund schieben" kennen zu lernen. "Das tut man doch nicht" war die verbietende Äußerung der Umwelt. "Finger raus, Bleistift raus", und so weiter hörten wir immer wieder. Irgendwann kam dann die Zeit der Zigarette. Diese Mundkonfrontation war nun nicht mehr verboten, sondern sie wurde sogar von idealisierten Menschen gefördert. Was konnte uns besseres geschehen für unsere lang vermisste orale Befriedigung?

Soviel kurz zum Thema Rauchen. Es ist nur ein Beispiel von vielen, bei denen durch den Vorgang der Identifikation und der Assoziation ein biologisch destruktives Verhalten schleichend immer positiver empfunden wird und schließlich Sucht auslöst.

 

peterhartberger@gmail.com

Copyright © 1999 Peter A. Hartberger
Donnerstag, 06. August 2009