Das undurchsichtig und komplex erscheinende Schema beim Kennenlernen
wandelt sich zum unüberbietbar einfachen und logischen, je mehr
unser Verstehen über das Geniale reift. Mit dem Reifen unseres Verstehens
über das Geniale wächst auch die Nutzbarkeit des Mediums.
Sehen wir uns zum Beispiel das Geniale des Rades an. Die Findung
oder Erfindung des Rades ließ lange auf sich warten. Trotzdem wurde
es anfangs noch relativ wenig genutzt. Und heute, da wir das Prinzip
des Rades relativ gut verstehen integrieren wir es nützlich in unser
Leben. Es ist nun aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Das
Prinzip des Rades zu verstehen beinhaltet eine Minimierung des Aufwandes
und eine Steigerung des Nutzens.
Beim genialen Prinzip der Liebe ist das Verhältnis von Aufwand
und Nutzen noch viel krasser wie beim Rad.
Durch unser Verstehen gegenüber der Liebe vermindert sich ein Aufwand
des Lebens praktisch gegen Null. Und zugleich steigert sich der
Lebensnutzen gegen das Unendliche.
Um diese Worte besser zu verstehen, wenden wir uns zuerst einer
Definition des Wortes Liebe zu. Und zwar der Definition der Liebe,
wie sie uns angeboren erscheint.
Ich denke: Liebe im biologischen Sinn ist die Emotion der Harmonie
oder Einigkeitsempfindung in der Folge der wertneutralen Akzeptanz.
Die wertneutrale Akzeptanz setzt ein Wertgefüge in der Psyche eines
Individuums voraus, das Eins ist mit der Realität. Es fragt sich
nun, ob ein Individuum aufgrund seines ihm angeborenen Wertgefüges
überhaupt in der Lage sein kann, die Realität neutral zu verstehen.
Durch die biologischen Werte, die Lebensfähigkeit zu erhalten und
die Lustbefriedigung zu gewährleisten, besteht wohl eine Zwangsläufigkeit,
die Realität zu bewerten. Ist mit solchen vorgegebenen Werten die
Neutralität der Realität denn ganz zu verstehen? Vermutlich ist
mit den uns vorgegebenen Werten das Verstehen der Neutralität der
Realität immer nur annäherungsweise zu erreichen. Würde die Bewertung
der Realität nur durch unsere biologischen, also angeborenen Werte
geschehen, so wären wir vermutlich sehr oft im Zustand der Liebe.
Dummer Weise wurde uns jedoch im Verlauf unserer Vergangenheit ein
kulturspezifisches Wertsystem anerzogen, das fast alle Realitätsanteile
entweder positiv oder negativ bewertet. Durch dieses, uns anerzogene
Wertsystem werden nur sehr wenige Realitätsanteile als neutral interpretiert
und damit bewertet. Zusätzlich wurde uns mit diesem kulturspezifischen
Wertsystem die Wichtigkeit des Besitzes, also des Habens anerzogen.
Und diese hohe Bewertung des "Habens" verdrängt die biologische
Orientierung des "Seins". Im "Sein" scheint
die oberste Priorität des "Menschseins" in den Gefühlen
zu liegen. Wurde uns jedoch anerzogen, daß der Besitz oder das Haben
bestimmter Gegenstände die Voraussetzung für Befriedigungsgefühle
ist, so erstreben wir früher oder später mehr und mehr den Besitz.
In der Charakteristik unserer Kindheit war Besitz das Mittel zum
Zweck der Befriedigung. Aber wie so oft wurde aufgrund unseres assoziativen
Denkens das ehemalige Mittel zum Zweck das Ziel. Spätestens jetzt
überwiegt das anerzogene "Haben wollen" unsere angeborene
"Seinsorientierung". Und in dieser Situation glauben wir,
dass Besitz die Voraussetzung für die Liebe ist, die uns als so erstrebenswert
anerzogen wurde.
An dieser Stelle bietet es sich an, die kulturspezifische Definition
von Liebe zu besprechen.
Anerzogen wurde uns, dass Liebe das Gefühl ist welches entsteht,
wenn vielstmöglich positiv interpretierte Werte in einem Individuum
oder einer Struktur erkennbar erscheinen. In Verbindung damit scheint
es möglich, vielstmöglich positiv interpretierte Erwartungen mit
diesem Individuum oder mit dieser Struktur zu befriedigen.
Leider glauben wir nun auch, dass wir dieses liebenswert erscheinende
Individuum besitzen müssten um mit ihm dauerhaft dieses Gefühl der
Liebe zu "Haben". Und dieses unbewusste Empfinden bringt
uns zum Handel. Wir sind nun wieder bereit zu investieren um unsererseits
liebenswert zu erscheinen um dadurch Recht auf Besitz des Partners
zu erhalten. Sobald wir an ein Recht auf Besitz glauben werden wir
nun Forderungen stellen um unseren nun wohl legitimen Erwartungen
zur Erfüllung zu verhelfen. Werden unsere Forderungen dann nicht
erfüllt, so strafen wir mit allem, was uns zur Verfügung steht.