Das Maß aller Dinge 

oder

Der Wert des Menschen

 

Ein kurzer Blick auf das Prinzip der Werte:

Der Zweck des Wertsystems scheint darin zu liegen überhaupt erst denken zu können und innerhalb einer bestehenden Umwelt so konstruktiv wie möglich zu überleben und uns der Lustbefriedigung hingeben zu können, solange unsere Werte nicht gefährdet erscheinen.

 

Wertsysteme

Versuchen Sie sich, unsere Denkabläufe vorzustellen. Ähnlich, wie wir in der Mathematik mit Zahlen oder Werten rechnen, berechnen oder bewerten, scheint auch unser Denken insgesamt zu funktionieren. Nennen wir deshalb unsere oberste Denkstruktur einen Wert. Durch die Bewertungen, die aus unseren Werten entstanden sind, bestimmen wir die Wichtigkeit und die Charakteristik von Realitätsanteilen. Ebenso bestimmen wir durch diese Bewertungen die Wichtigkeit und Charakteristik von Konstrukten. Konstrukte sind von Zivilisationen oder Kulturen konstruierte irreale Strukturen. Zu den Konstrukten zählen die Moral, Ehrbereiche, Ideale, Normen und Rollen, die uns im Laufe der Erziehung vermittelt wurden. Die Werte innerhalb unserer Psyche haben also zwei verschiedene Bezüge.

Einmal den uns angeborenen Wertbereich, der zur Aufgabe hat, unsere Lebensfähigkeit zu erhalten oder zu intensivieren. Erscheint unsere Lebensfähigkeit nicht gefährdet, so ist das oberste Ziel des angeborenen Wertbereichs die Lustbefriedigung. Dieses System ist seinsorientiert und kann nur bejahen. Insofern ist dieser Wertbereich derjenige mit dem intensivsten Realitätsbezug.

Fremdwertsystem

Ein anderer Bezug besteht zu den schon angesprochenen Konstrukten, unseren Ehrbereichen, Idealen, Normen und damit unseren Rollen. Dieses Wertsystem nenne ich das Fremdwertsystem, da es nicht dem primärbiologischen, uns angeborenen Wertsystem entspricht. Diese, uns gewaltvoll anerzogenen Fremdwerte, wollen den Zustand der geringsten Ablehnungs- oder Verlustangst erreichen. Und das wird durch Normenverhalten mit dem Ziel der Vermeidung von negativem Feedback und dem Erstreben von möglichst viel positivem Feedback versucht. Es scheint immer dasselbe Prinzip zu sein: Unseren Erziehern wurden in deren Erziehung mit Gewalt Werte anerzogen. Mit diesen anerzogenen Werten, mit denen sie sich jedoch bereits identifiziert haben, bewerteten sie unsere Verhaltensweisen und Eigenschaften. Manche unserer Verhaltensweisen und Eigenschaften bewerteten sie als negativ. Manche unserer biologischen Verhaltensweisen, die negativ interpretiert wurden führten für uns kindliche Opfer zu Frustrationen durch Strafe. Mit diversen Formen von negativem Feedback wurden wir erpresst, sobald unsere Handlungsweise den Erwartungen unserer Erzieher im negativ interpretierten Sinn nicht entsprach. Niemand wundert sich, dass in uns eine Menge Angst entstand. Diese Angst konnten wir dadurch reduzieren, dass wir Verhaltensweisen und (scheinbare) Eigenschaften demonstrierten, die in unserer Umwelt positives Feedback auslösten. Durch all diese Vorgänge erhielten wir ein ähnliches Fremdwertsystem wie das unserer Erzieher, mit dem wir uns unsererseits wieder identifizieren. Vermutlich geben wir die uns anerzogenen Fremdwerte wieder mit ähnlichen Gewalten an unsere Kinder oder sollte ich besser sagen, Opfer weiter, in denen dann dieselben Ängste entstehen, die uns und unsere Vorfahren seit Jahrtausenden durch unser Leben begleiten und unser Dasein auf oft schädliche Weise leiten.

 

Und nun zum Maß aller Dinge: 

 

Diese erste Grafik symbolisiert das Wertsystem bei meiner Geburt. In diesem Beispiel bin ich für mich das Maß aller Dinge. Meinen Wert bestimme ich selbst. Ich messe mir in allen meinen Charakteristika eine 1 zu. Meine Größe ist 1, genauso, wie meine Haarlänge, meine Hautfarbe, mein Gewicht, meine Kraft, meine Intelligenz, die Größe meiner Füße. Allem was ich an mir quantitativ definieren kann messe ich eine 1 zu.

Sogar meinen 10 Fingern wird eine 1 zuerkannt, und natürlich meinen 2 Augen, Armen u.s.w..

 

Andere Menschen oder Tiere haben meist andere Größen- oder Intensitätsmaße als 1. Außer sie haben dieselbe Zahl an Augen, Fingern, Armen u.s.w.

Jemand, der 3-mal so lange oder so viele Haare hat wie ich erhält die Zahl 3 im Bezug auf die Länge oder die Zahl der Haare. Wiegt jemand ca. 80 Kilogramm, so erhält er oder sie eine 0,8 im Bezug auf mein Gewicht von ca. 100 Kg. Eine Schnecke erhielte im Bezug auf die selbständige Fortbewegungsgeschwindigkeit eine ca. 0,004, ein Gepard ca. eine 7.

Die Zuerkennung von Zahlen dient unserem Vergleich mit Anderen.

 

Aber in diesem angeborenen Vergleichssystem bedeutet größer - kleiner, langsamer - schneller, heller - dunkler, leichter oder schwerer nicht besser oder schlechter. Es dient einzig und allein einem:

 

Dem Vergleich ohne das mindeste Bewerten.

 

Andere sind in diesem System nur anders, nicht besser oder schlechter.

In diesem System erscheint hauptsächlich das „Andere“ reizvoll, interessant und erregt unsere Aufmerksamkeit. Dieses System funktioniert wie schon gesagt – Seinsorientiert.

 

 

Anerzogenes Wertsystem

Das uns anerzogene Wertsystem hat scheinbar ganz andere Eigenheiten.

Es geht darum möglichst viel positives Feedback und möglichst wenig negatives Feedback zu erhalten. Bei diesem Wertsystem wird unser „Wert“ durch die Umwelt bestimmt, nicht durch uns selbst. Dadurch macht es uns abhängig. Attribute, die mit hohen Punktzahlen besetzt sind steigern unseren „ Wert“. Auch Attribute mit „Minuswerten“ gibt es hier. In diesem System werden die Habensorientierung, Negationen und damit die polare Betrachtungsweise gegenüber der Realität in uns geprägt.

 

Mithilfe der folgenden Grafiken erscheint es leichter zu verstehen.

Ich unterteile es in 2 unterschiedliche Darstellungsformen.

 


 

Nennen wir diese Darstellungsform das Fremdmaß Nummer 1:

 

Fremdmaß Nummer 1 hat die Charakteristik des „optimalen Verhältnisses“.

In diesem Beispiel erhält Jemand die berühmten 100 Punkte, wenn er ein bestimmtes Gewicht, bei einer bestimmten Größe vorweisen kann. Das „Idealgewicht“! „Mehr oder weniger“ führt zu Punktabzug.

Wo, wann und wie immer das errechnet wird. Diese „Berechnungen“ sind sehr von Ort, Zeit und Gesellschaft abhängig.

In Japan, dem Land der Kleinen und Leichten bestehen andere Berechnungstabellen als bei uns. Auch innerhalb Japans bestehen bei verschiedenen Gruppen unterschiedliche Idealgewichte. Natürlich haben Sumo – Ringer andere Vorgaben als Panzerfahrer oder die Models auf dem Laufsteg.

Andere Beispiele:

1. Der Bräunungsgrad unserer Haut „sollte“ nicht zu hell oder zu dunkel sein.

2. In einer bestimmten Blutmenge „sollten“ nicht zu wenig oder nicht zu viele Zellen, Elektrolyte, Vitamine…sein.

3. Unsere Kleidung „sollte“ nicht zu weit und nicht zu eng sein.

Geld, Ruhm, Ehre, Kraft, Stellung, Macht, Besitz und vieles mehr steigern in diesem Fremdmaß Nummer 2 unseren „Wert“. Wir müssen uns dem Beugen, sobald es unser Denken dominiert. Wir tun nun fast alles, um mit diesen Attributen unsern „Wert“ zu steigern. Wir werden zu habensorientierten Konsumenten.

Natürlich messen wir uns jetzt konsumorientiert an Anderen. Auf der andauernden Jagd nach Punkten und unserer andauernden Angst vor Punktverlusten erkennen wir kaum mehr, wie wir unter dem andauernden Stress leiden, den dieses System mit sich bringt.

Gewinnen heißt ab jetzt: Wert gewinnen! Verlieren heißt: Wert verlieren.

Und das immer Anderen gegenüber. Dadurch werden Andere zu Gegnern.

Aus dem miteinander des „con-currere“ (Zusammenlaufen, zusammentreffen) wurde der Konkurrent, also der Gegner!

 

Dieses System steht nicht mehr in unseren Diensten. Sobald dieses Fremdwertprinzip in uns wirkt, stehen wir in den Diensten derer, die uns dieses System vermittelten.

Mitmenschen werden zu Rivalen im Kampf um habensorientierte Werte. Der einzige scheinbare Nutznießer ist das System, das vorgibt, im Dienste des Menschen zu agieren.

 

Ursprünglich war es wohl die Kirche. Dann wurde es von Ländern oder Staaten und deren Industrien weiter genutzt. Und mit diesen Institutionen nutzten es unsere Vorfahren, bis zu unseren Eltern und wir werden es wohl weiter als Eltern gegenüber unseren Kindern nutzen (missbrauchen) wenn wir die Destruktion nicht erkennen, die durch dieses Wert - System auf uns Menschen einwirkt.

 

In der so genannten dritten Welt erkennen wir, wie ein deutlich geringeres Konsum- und Leistungsdenken in Verbindung stehen mit dem Vielfachen an Lachquantität derer Menschen.

Wenn wir das Lachen zur Lebensqualität hinzu zählen, schneiden wir in unserer „fortschrittlichen Welt“ enorm schlecht ab.

 

Vielleicht gilt auch hier: „wer zuletzt lacht…..!“

 

 

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Donnerstag, 06. August 2009