Realität und Akzeptanz

Bei meinen Thesen gehe ich davon aus, daß wir in einer wertneutralen Realität existieren. Mit den uns angeborenen Werten und daraus resultierenden Zielen, innerhalb dieser wertneutralen Realität "Lebensfähigkeit und Lustbefriedigung" aufrechtzuerhalten, scheinen wir Menschen gut in der Lage zu sein, ein konstruktives Leben zu leben. Die Realität scheint dieses dominierende, wertneutrale Kontinuum zu sein, dessen Teil wir sind. Davon ausgehend scheint es für uns Menschen sehr konstruktiv zu sein, die Realität und ihre Gesetze immer besser zu verstehen. Das Verstehen der Realität und ihrer Gesetze scheint die Grundvoraussetzung für die Akzeptanz zu sein. "Akzepere" war das lateinische Wort, aus dem sich unser jetziges "akzeptieren" entwickelt hat. Es bedeutet "annehmen". Etwas wertneutral annehmen, ohne es durch die Vergewaltigung der Positiv- oder Negativbewertung zu verändern scheint der Inhalt der Akzeptanz zu sein. Nach dieser Definition scheint es sehr selten der Fall zu sein, dass wir einen Bereich der Realität in der Lage sind, wirklich zu akzeptieren. Kennen wir es nicht an uns, dass wir missmutig zur Frau, die nicht mehr mit uns leben will, sagen: "Na ja, wenn das so ist, dann werde ich das wohl akzeptieren müssen." Durch unsere Wortwahl und unsere Betonung geben wir zu verstehen, dass wir dieses, was es gilt zu akzeptieren, als sehr negativ interpretieren. Und je intensiver wir es negativ bewerten umso weiter sind wir von der eigentlichen Akzeptanz entfernt. Aber auch Situationen kennen wir, in denen wir sagen:" Oh ja, das akzeptiere ich gern." Auch hier macht sich durch Wortwahl und Betonung die positive Interpretation bemerkbar. Natürlich gilt auch hier, je positiver wir bewerten, umso weiter sind wir von der wertneutralen Akzeptanz entfernt.

Zu diesem Zusammenhang passt die lineare Definition der Liebe.

Liebe ist die Einigkeits- oder Harmonieempfindung, die in der Folge der wertneutralen Akzeptanz entsteht.

Die in unserer Kultur übliche Schwarz - Weiß - Malerei von Liebe und Hass hat ganz andere Grundlagen. Da wir gelehrt wurden, unsere Realität polar zu betrachten, interpretieren wir Liebe und Hass als Gegenteile. Liebe ist in der uns anerzogenen Interpretation das Gefühl, das der intensivsten Positivbewertung gegenüber Realitätsanteilen folgt. Haß ist dementsprechend in der uns anerzogenen Interpretation das Gefühl, das der intensivsten Negativbewertung gegenüber Realitätsanteilen folgt. Das uns anerzogene polare Denken bedingt in Verbindung mit den uns anerzogenen Idealen viele Frustrationen und Probleme. Sobald wir uns mit Idealen, also den ethischen Positivmaxima einer Kultur identifizieren, sind wir auch mit den Negativmaxima der Kultur verbunden. Gerechtigkeit, Fairness, Mut, Nationalismus, Redlichkeit, Ehre, Liebe, Ehrlichkeit, Freiheit, Einigkeit und Treue verursachen die selbe Freude in uns, wie deren interpretierte Gegenteile über den Frustrationsmechanismus gesundheitsschädliche Folgen bedingen. Zwangsläufig resultiert aus dem gewaltvollen Streben in die Richtung unserer Ideale ein Zunehmen der Frustrationen durch die Konfrontation mit den vermeintlichen Gegenteilen der Ideale.

Ein Beispiel hierzu:

Je mehr wir nach Liebe streben, desto mehr werden wir unter Hass leiden. Je mehr wir für Gerechtigkeit kämpfen, umso mehr leiden wir unter der Ungerechtigkeit. Unsere Angst vor Ehrverlust steigt im selben Verhältnis, wie wir uns um die Ehre bemühen. Die Empfindung der Unfreiheit wächst mit dem Kampf um die Freiheit. Gutes erzwingen zu wollen führt zu unserem Leiden durch Böses. Bei all diesen Idealen leiden wir weit mehr unter deren scheinbaren Gegenteilen als wir uns freuen über die Erfüllung der Ideale.

So sehr wir die uns anerzogenen Ideale polar bejahen, so intensiv müssen wir deren interpretierte Gegenteile verneinen. In diesem Zusammenhang ist das Verständnis des Wortes "Gewalt" von Nutzen. Gewalt ist ein scheinbarer PROBLEMLÖSUNGSMECHANISMUS, der durch Fremdwerte Denkens- oder Verhaltensweisen nach sich zieht, die GEGEN REALITÄTSASPEKTE gerichtet sind. Die Voraussetzung für Gewalt ist also die Existenz von Werten in uns, die zwangsläufig Realitätsanteile verneinen müssen. Die Verneinung von Realitätsanteilen ist die Voraussetzung für Frustrationen, aus denen sich Organ schädigende Negativemotionen ergeben. Da jeder Kampf oder Krieg nur Verlierer kennt, so gibt es auch beim Kampf gegen die Realität nur einen Verlierer. Den Kämpfenden. Und der verliert ganz einfach gesagt seine Gesundheit.

 

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Copyright © 2011 Peter A. Hartberger
Donnerstag, 06. August 2009