Determination
oder freier Wille?
Auf die
Frage: „Haben wir einen freien Willen“ wird wohl der Großteil der Befragten
mit einem klaren JA antworten.
„Ich kann
mich doch entscheiden, ob ich:
1. nach Italien oder in die Türkei in Urlaub fahre,
2. jemanden küsse oder ohrfeige,
3. Schnitzel, Fondue oder Kuchen esse,
4. ins Kino oder Spazieren gehe“?
Beispiele wie
diese finden wir noch scheinbar unbegrenzt. Genügt uns das bereits als
Beweis für die Existenz unseres „freien Willens“?
In unserem
subjektiven Erleben glauben wir natürlich immer wieder an eine
Entscheidbarkeit. Auch an die Entscheidungsmöglichkeit, ob wir gebahnt,
emotional, spontan, reflektorisch oder aber tiefgründiger, analytischer,
aus vielen Betrachtungswinkeln sehend entscheiden glauben wir in der Regel.
Bei allen Fragen: „tu ich dieses oder jenes“ entscheiden wir uns doch
scheinbar immer wieder neu.
Scheinbar?
Wieso scheinbar? Weil wir dieses ganze Thema auch etwas tiefgründiger
betrachten können!
Entscheiden
Sie wirklich, welche Zahl größer ist: 10 oder 15? Nein. Wir entscheiden
nicht welche Zahl größer ist. 15 ist nun mal größer und wird damit den
neurologischen „Zuschlag“ erhalten.
Sehr einfach
gesagt scheint unser Denken aber auf dieser Ebene zu funktionieren. Ich
komme später darauf zurück.
Zuerst
versuche ich mit einigen einfachen Beispielen Grundinformationen zu bieten.
Halten Sie
einen Bleistift mit der Spitze auf einem festen Untergrund und mit dem
Finger am entgegen gesetzten Ende so senkrecht wie möglich. Lassen Sie den
Bleistift los. Er fällt auf eine bestimmte Seite. Ist das Zufall? Oder
erkennen wir in der Reaktion des Bleistiftes nur, dass er sich seinen
„Naturgesetzen“ entsprechend verhält? Oder doch Zufall?
Je besser wir
erkennen, warum der Bleistift sich verhält, wie er sich verhalten muss,
umso weniger glauben wir an Zufall. Betrachten wir die vorgegebene
Situation mit hochempfindlichen Sensoren und 3 Hochgeschwindigkeitskameras
so können wir die Reaktion des Bleistiftes gut nachvollziehen!
Wir erkennen
die Winkelabweichung des Bleistiftes von der Senkrechten, einen Impuls des
Fingers beim Loslassen, die Beschaffenheit des Untergrundes,
Luftbewegungen, die exakte Gravitationswirkung und viele weitere
Bedingungsfaktoren für den Fall des Bleistiftes. Je umfassender unsere
Kenntnisse der vorgegebenen Situation (gehaltener Bleistift) und je
umfassender unsere Kenntnisse über den Reiz (Loslassen des Bleistiftes)
umso klarer erkennen wir das zwangsläufige Resultat (Lage des
Bleistiftes).Wir erkennen, dass der Bleistift nicht anders hätte
fallen können, als er es getan hat.
An das
Prinzip “Zufall“ glauben wir vermutlich immer dann, wenn uns entweder die
Informationen über Situation und Reiz fehlen oder die jeweilige
Informationskomplexität über Situation und Reiz unsere Aufnahmekapazität,
die Merkfähigkeit und / oder die Daten - Verwaltungskapazität übersteigen.
Sobald uns Menschen ein Vorgang nicht mehr erklärlich war erklärten wir uns
den Vorgang mit „Zufall“ oder schufen eine Erklärung durch die Konstruktion
eines Gottes. Unter Anderem wurde der damals unerklärliche Donner durch die
Konstruktion des Gottes „Donar“ erklärt. Und damals wie heute gab es viel,
sehr viel Unerklärliches, und damit sehr viele Götter! Fast alle Gottheiten
fielen inzwischen unserem Verständnis um die Naturgesetzte zum Opfer. Heute
dient in der Regel nur noch eine Gottheit pro Religion für den Zweck der
Erklärbarkeit des noch Unerklärten.
Zurück zum
Thema.
Fixieren wir
beispielsweise 25 Bleistifte mit einer Halterung genauest
– möglich übereinander, lassen wir zu einem kürzest möglichen Zeitpunkt
alle Bleistifte fallen, so werden wir schon eher an Zufall glauben. Von dem
einen Bleistift mit der Nummer 24, der 3,5 Meter weit von seinem Ursprungsort zum Liegen kam könnten wir nun denken,
dass das Zufall sein könnte. Der könnte doch schließlich auch 30 cm weniger
weit gefallen sein. Könnte er wirklich? „Hätte“ er?
Wir sehen uns
die 3 Hochgeschwindigkeits-Filme an, die von Bleistift 24, aber auch von
allen anderen Bleistiften in ihrem Fall bis zu ihrer Endposition
aufgenommen worden sind. Wir erkennen in stundenlanger Analyse des Falles
von Bleistift 24, wie er einen „Spin“ beim Fall bekam, der ihn letztlich
auf seine „Ergebnis-Position“ beförderte. Und nach stunden- oder tagelangen
Untersuchungen erkennen wir, dass Zufall in unseren aufwändigen
Untersuchungen keinen Platz hat.
Machen wir
für unser 2tes Beispiel einen Abstecher in die Chemie.
Ein Chemiker
bringt etwas Säure auf ihre Haut auf. Sie spüren Rötung der Haut und
brennenden Schmerz.
Glauben Sie
an Zufall? Nein, sie kennen Säure und die Funktionen ihrer Haut. Beide
Reaktionen werden von ihnen als zwangsläufig erkannt.
Der gleiche
Chemiker (den sie inzwischen nicht mehr so mögen) vermischt in einer
bestimmten Reihenfolge, unter wechselnden Drücken und Temperaturen 25
verschiedene ihnen größtenteils unbekannte Substanzen miteinander. Das
Ergebnis ist: Rosa. Sie sind erstaunt und glauben nach einem solch komplex
erscheinenden Vorgang an Zufall. Ganz verständlich, da Sie mit Chemie
sowieso nicht viel am Hut hatten. Der Chemiker sagt ihnen aber dass das
Ganze kein Zufall sei. Hätte er die Substanz 24 genau 38 Sekunden länger und
die Temperatur 5,6 Grad höher wirken lassen, so wäre das Resultat, die
„Ergebnis-Farbe“ Rot gewesen. Wenn sie einige Wochen oder Monate Zeit
hätten würde er ihnen sehr gerne die Regeln der Chemie erklären. Sie
glauben aber lieber nicht mehr an Zufall und lehnen die Einladung des
Chemikers dankend ab.
Auch bei
dieser Situation und bei diesen Reizen verstehen sie nun, dass es keine
andere Farbe als Ergebnis-Farbe hätte sein können als: Rosa.
Drittes
Beispiel: Elektrik. Wir drücken auf einen Lichtschalter, das Licht geht an,
wir drücken wieder und das Licht geht aus. Zufall? Dieses tolle Spielzeug
für die meisten kleinen Kinder führt bei diesen Kindern bald zu einer
Erkenntnis des Zusammenhangs. Die Wiederholbarkeit des für kleine Kinder
unverständlichen Vorganges schaltet auch bei diesen Kindern das Glauben an
den Zufall bald ab. Eine komplizierte Reihenschaltung oder Kreuzschaltung
mit einigen Relais würde bei mir und eventuell auch bei ihnen zu einer
Überforderung des Verstehens führen. Durch die Bereitschaft eines
Elektrikers uns das zu erklären und durch die Wiederholbarkeit der
Ausführung mit dem gleichen Ergebnis glauben wir auch in diesem Fall bald
nicht mehr an Zufall.
Viertes
Beispiel: Auf ihrer Computertastatur drücken Sie auf die Taste 5. Auf ihrem
Monitor erscheint das Zeichen 5! Sind sie sehr erstaunt? Glauben sie an
Zufall? Vermutlich beides nicht. Verstehen sie den Lauf des Signals von
Ihrer Tastatur bis auf dem Monitor das entsprechende Zeichen entsteht?
Verstehen sie die Rechenfunktionen ihres Computers, was dieser Computer mit
der Zahl 5 anfängt, wie er diese Zahl verwendet um zu einem bestimmten
Resultat zu gelangen? Vermutlich wieder nicht. Aber aufgrund der
Wiederholbarkeit erkennen wir die Zwangsläufigkeit und damit Determination
auch eines sehr komplexen Vorgangs.
Fünftes und
vorerst letztes Beispiel:
Unser Ausflug
in die Biochemie oder Biologie. Wir kommen zu den Zellen unseres Organismus
und betrachten manche von ihnen auf deren Komplexität. Einige sehr einfache
Zellen sind die roten Blutkörperchen, die Hautzellen, die Fettzellen, die
Muskelzellen. Erstere nehmen aufgrund von unterschiedlich hohen
Sauerstoffpartialdrücken Sauerstoff auf (Lunge) und geben diesen wieder ab
(Gewebe). Fettzellen lagern Fette ein und geben diese unter sehr einfachen
Bedingungen wieder ab. Auf Muskelzellen wirkt ein Potential und sie
kontrahieren sich. Nie entscheiden die Zellen über deren Tätigkeit. Kein
Zufall spielt mit. Bei solch einfachen Zellen erkennen wir die
Zwangsläufigkeit der Reaktionen noch sehr gut.
Situation und Reiz bedingt Reaktion!
Lassen wir
die Mittelklasse der Zellen einfachheitshalber
aus und wenden wir uns den sehr komplexen Zellen zu. Leberzellen, Zellen
des Immunapparates. Beide sind Wunderwerke an Komplexität. Erstere
entgiften und synthetisieren eine Vielzahl verschiedener Substanzen.
Immunzellen analysieren und neutralisieren Erreger, in ihnen steckt ein
umfassendes Gedächtnis für Erreger, körpereigener und körperfremder
Substanzen und absolut klare Aufträge, wie sie mit den einzelnen Substanzen
umzugehen haben.
Superkomplex,
deren Strukturen aber trotzdem bestimmen Reize ihre zwangsläufigen
Reaktionen.
Jede dieser
Zellen, einfache und komplexe muss auf einen bestimmten Reiz mit einer ganz
einzigartigen Reaktion antworten. Verständlicherweise haben auch diese
Zellen keine Möglichkeit zu entscheiden, wie sie reagieren wollen. Alle tun
genau das, wozu sie bestimmt, wozu sie determiniert sind.
Kommen wir
nun zu einer anderen Zelle unseres Körpers. Einer Nervenzelle. Was denken
sie? Gehört sie eher zu den einfachen oder zu den komplex reagierenden
Zellen? Wäre zwar aus der Sicht der Determination egal, weil beide Arten in
ihren Reaktionen zwangsläufig und gezwungenermaßen funktionieren. Aber
trotzdem! Was denken sie?
Nun, eine
Nervenzelle ist in ihrer Funktion etwa so komplex wie ein Kupferkabel. Das
Kupferkabel erhält einen Reiz (Stromimpuls) und leitet diesen Impuls nur
und einfach weiter. Hat das Kupferkabel eine Wahl? An bestimmter Stelle
empfängt es einen Reiz und zu bestimmter Stelle leitet es den Reiz.
Eine
Nervenzelle tut genau das gleiche. Sie hat verschiedene „Zugänge“
(Dendriten) und einen „Ausgang“ (Axon). Sobald
ein Schwellenpotential erreicht wird entsteht am Axon
eine Freisetzung eines Aktionspotentials. Dabei hat die Nervenzelle nichts
„mitzureden“!
Sie erhält
Erregungen und leitet diese weiter, ähnlich wie ein Kupferkabel einen Strom
weiterleitet.
Wenn wir uns
nun immer noch nicht einig darüber sind, dass die Zunahme der Komplexität
eines Vorganges nichts am Prinzip der Zwangsläufigkeit ändert, so können
wir uns das wieder an einem Beispiel ansehen: 5+3=8 Stimmen wir darin
überein? Kein Erstaunen? Kein Zufall? Und - es „könnte“ bei dieser
Rechnung auch nicht 7 oder 9 hinter dem = stehen?
Wie steht es
damit?
5+3/1,567*6,456=
17,3599234 (gerundet nach Excel). Viel komplexer und trotzdem kein Zufall.
Das Ergebnis ist das zwangsläufige Resultat der Zahlen vor dem =!
Wenn wir
diese Rechnung über mehrere Seiten ausweiten wird sie immer komplexer, das
ändert aber wieder nichts an dem Prinzip!
Nun komme ich
endlich zu meiner Definition der Determination:
Determination ist die Zwangsläufigkeit der
Reaktion von Masse und Energie und allen daraus resultierenden Strukturen
aufgrund ihrer absoluten Abhängigkeit von ihren reaktionsbedingenden
Gesetzen.
Die reaktionsbedingenden Gesetze sind die von uns so
genannten Naturgesetze. Nicht nur die, die wir bereits kennen, sondern all
jene, die wirklich die Reaktionsweisen der Materie und Energie bedingen.
Und diese erscheinen mir im Moment absolut zwingend.
So wie es mir
zwangsläufig erscheint, dass 5+3 8 ergeben, so zwangsläufig erscheint mir
das Prinzip zu wirken: Situation + Reiz= Reaktion oder Ergebnis. Keine
verschiedenen Möglichkeiten, sondern nur eine einzig logische, absolut
zwingende Reaktion oder Ergebnis.
Wenn, ja nur
wenn nun unser Denken und Fühlen nur eine Summation der Tätigkeiten von
sehr vielen (bis zu 1 Billion) Nervenzellen und deren Aktionspotenzialen
ist – wo begänne dann die Varianz, der Zufall oder die Verschiedenartigkeit
der Möglichkeit der Reaktion zu wirken?
Höchste Zeit,
sich kurz mit dem „Zufall“ zu befassen! Wenn sich
die Determination durch die Zwangsläufigkeit auszeichnet, so würde sich der
Zufall durch die Unbestimmtheit eines Ergebnisses bei definierter Situation,
auf die ein bestimmter Reiz einwirkt auszeichnen.
All das wären
meines Erachtens die Voraussetzungen für einen so genannten „freien
Willen“.
5 + 3 = 8
Situation + Reiz = Reaktion
Werte + Reiz = Reaktion (Verhalten)
Um dieses besser
zu verstehen wenden wir uns zuerst den Werten zu. Das Wort „Wert“ wird in
der Regel in unserem Sprachgebrauch ganz anders verwendet, als ich es
verwende. Wir verwenden das Wort „Wert“ in der Regel als ethisch oder
moralisch hochwertige Eigenschaften. Ich versuche meine Wortverwendung zu
erklären:
Versuchen Sie sich, unsere Denkabläufe
vorzustellen. Ähnlich, wie wir in der Mathematik mit Zahlen oder Werten
rechnen, berechnen oder bewerten, so wie wir uns in unserer Sprache der
Laute oder Buchstaben und daraus resultierend der Worte und Sätze bedienen,
scheint auch unser Denken insgesamt zu funktionieren.
Ich nenne deshalb unsere oberste Denkstruktur einen Wert. Für mich ist also
ein Wert die kleinste psychische Einheit, auf die sich unser Denken zurückführen
lässt. Die Summe unserer Werte nenne ich unser Wertsystem. Jede, noch so „kleine“ Erinnerung bedingt unsere
Werte. Jeder noch so kleine Reiz verändert unsere Werte. Durch die Bewertungen,
die aus unseren Werten entstanden sind, bestimmen wir die Wichtigkeit und
die Charakteristik von neutralen Realitätsanteilen. Ebenso bestimmen wir
durch diese Bewertungen die Wichtigkeit und Charakteristik von Konstrukten.
Konstrukte oder Fremdwerte sind von Zivilisationen oder Kulturen
konstruierte Strukturen. Zu den Konstrukten zähle ich also die Moral,
Ehrbereiche, Ideale, Normen und Rollen, die uns im Laufe der Erziehung
vermittelt wurden. Viele dieser Konstrukte treten in Konflikt mit den uns
angeborenen Werten, woraus als erstes Frustrationen bis hin zu vielen
Krankheiten entstehen müssen. Bestehen diese unterschiedlichen Konstrukte
in Gruppen, Völkern oder in Rassen, so besteht dadurch eine der besten
Voraussetzungen für Kriege!
Das ist aber eine andere, und lange Geschichte!!
Es erscheint mir sehr einfach. Eine Information
der neutralen Realität wird von meinem Wertsystem in zwangsläufiger und
einzigartiger Weise bewertet. Hauptsächlich diesen und einige, dem Bewerten
folgende neurologische Prozesse nenne ich auf psychologischer Ebene
„Denken“. Meine Bewertungen ziehen zwangsläufige neurologische Reaktionen
nach sich. Abhängig davon, ob ich nun einerseits automatisch,
reflektorisch, spontan emotional oder anderseits bewusst, rational, analytisch,
vernunftorientiert oder überlegt bewerte, entstehen bestimmte,
zwangsläufige Reaktionen. Dieses „Umschalten“ geschieht in unserer Psyche
nicht durch uns gesteuert. Kommt mein Auto mit zu hoher Geschwindigkeit auf
nasser, kurviger Straße im Gebirge ins Schleudern, so werde ich nicht
rational oder analytisch den vermuteten Durchbruch durch das Geländer und
den vermuteten Zeitverlauf bis zum Aufschlag in der Schlucht berechnen. Ich
werde reflektorisch Gegenlenken und über meine Reflexe (im Falle des Überlebens)
froh sein. Herr Michael Schuhmacher, der Rennfahrer ist ein anderer Mensch,
mit anderen Reflexen, die auf eine andere Wertstruktur, durch andere
Erfahrungen bedingt, zurück zu führen sind. Herr Schuhmacher´s
Verhalten hätte den Wagen vermutlich einige Meter früher unter Kontrolle
gebracht als ich. In der Formel: Situation + Bewertung bedingt das
Verhalten macht sich wieder die Determination bemerkbar.
Fragt mich hingegen jemand, ob ich lieber:
1. 100.000€ geschenkt bekommen oder
2. Bundeskanzler werden wolle oder
3. ab sofort eine lebenslange Rente mit 5000€ monatlich erhalten wolle,
dann werde ich logischerweise in ganz anderer Form über die Angebote
nachdenken. Angenommen, ich habe mit der Antwort 3 Tage zeit, so werde ich
wohl all meine analytischen, rationalen und emotionalen, meine bewussten
und vernunftorientierten Fähigkeiten heranziehen, um zu einer konstruktivst möglichen „Entscheidung“ zu kommen.
Angenommen, meine „Wahl“ würde auf Punkt 3 Fallen. Wäre es wirklich eine
Wahl? Warum würden wir alle eine verschiedene „Wahl“ in derselben Situation
treffen? Weil wir alle mit unseren eigenen, und zwangsläufig verschiedenen
„Wertsystemen“ die gleiche Situation bewerten würden kämen wir natürlich
alle zu unterschiedlichen Ergebnissen oder Reaktionen. Nicht nur das! Die
„Erfahrung“ und die damit entstandene Wertveränderung,
mich für Punkt 3 „entschieden“ zu haben würde möglicherweise bereits nach 2
Tagen bedingen, dass ich mich am liebsten in den Allerwertesten beißen
würde. Das kennen wir alle: Erfahrungen bedingen Wertveränderungen,
durch die wir die „Entscheidungen“ in unserer Vergangenheit nun in unserer
Gegenwart, mit dem jetzigen Wertsystem ganz anders treffen würden.
Aber wieder sehen wir das Prinzip:
Situation
+ Bewertung bedingt das „Entschließen“ oder Verhalten
Daraus erkennen wir: Spontan, reflektorisches, emotionales
Verhalten folgt demselben Prinzip wie rational, analytisch, bewusst,
vernünftig bedingtes Verhalten. Alles lässt sich auf die für uns
spezifische Funktion unserer Neuronen und Synapsenkonfiguration
zurückführen, die ihr psychisches Korrelat in unserem Wertsystem zu haben
scheint.
Der wesentliche Unterschied scheint nur die
Vielfalt der rational, analytisch, bewusst, vernünftig erscheinenden
Möglichkeiten zu sein. In dem gegebenen Fall haben wir nur 3 Möglichkeiten
der „Entscheidung“. Aber wir werden hunderte oder tausende Pro und (so
genannte) Kontras der 3 Punkte finden. Jeder für sich findet seine eigenen Pro´s und Kontra´s! Je nach
Wertsystem. Und daraus wird jeder für sich eine zwangsläufige
„Entscheidung“ treffen. Wieder sind wir beim Punkt der Überschreitung einer
Komplexitätsgrenze! Bei hunderten oder gar tausenden von verschiedenen Pro´s und Kontra´s erscheint
uns subjektiv der Denkprozess oder / und das Ergebnis als zu komplex, als
dass wir es als determiniert verstehen könnten. Nun ist unsere Intelligenz
und Abstraktionsfähigkeit gefordert!
Zum
Realitätsablauf. Wie oben beschrieben fällt es uns noch leicht, einfache
Situationen, Reize und deren Reaktionen nach dem Prinzip der Determination
oder Zwangsläufigkeit zu verstehen.
Je kleiner
aber die Struktur wird, je vielfältiger die Struktur ist, je mehr
Interaktionen in einer Situation bestehen, je kürzer die Zeitintervalle
zwischen verschiedenen Prozessen werden, je mehr sich die Physik, Elektrik,
Elektronik, Chemie, Biochemie in einem Prozess vereinen, der dann auch noch
schwer in der Zeit auflösbar erscheint, je mehr wir dann noch in den
Mikrokosmos (Atome und subatomare Strukturen) eintauchen müssen – umso
schneller kommt der Zeitpunkt in dem wir überfordert sind – und an Zufall,
die Varianz oder ein „hätte“ glauben.
Wir Menschen
haben nur sehr, sehr begrenzte Möglichkeiten Informationen der Realität mit
unseren Rezeptoren aufzunehmen, zu speichern, zu verarbeiten und zu rekapitulieren.
Deshalb sind die Bilder, die wir uns von der Realität machen zwangsläufig
sehr weit von der Realität entfernt. Könnten wir alle Informationen der
Realität aufnehmen, sie speichern, sie auf der Basis unseres nur dann
vorhandenen „Wissens“ (absolute Kenntnis der Realität) verarbeiten, so
könnten wir in Verbindung mit unserem „Wissen“ über die Regeln oder
Naturgesetze natürlich auch alle Prozesse der Realität voraus berechnen.
Wann ein Regentropfen, aus welchen Molekülen bestehend auf welchen Millimeter
unserer Erde fallen wird, wäre im Voraus zu erkennen. Auch in 2712 Jahren!
Nachdem uns all diese Möglichkeiten aber fehlen, müssen wir uns mit dem
behelfen, was uns zur Verfügung steht. Um also alleine nur das Wetter 1, 2
oder 3 Tage voraus zu berechnen steht uns eine riesige Zahl von
Wetterstationen (Rezeptoren) zur Verfügung, deren (für uns) sehr
umfangreiche Daten von sehr leistungsfähigen Großrechnern verarbeitet
werden, die uns im günstigsten Fall dann ein in Etwa – Wetter der nächsten
Tage liefern.
Nun zu einem
ganz anderen Thema. Freier Wille!
Die
Voraussetzung, dieses Thema besser zu verstehen ist eine Worterklärung
anzubieten, eine Definition der Worte, wie ich sie verwende. Diese
Definitionen erheben keinen Anspruch auf Wahrheit, wie alles, über was ich
schreibe oder spreche. Es sind nur Worte und meine Erklärung, wie ich sie
verwende.
1. Physikalische Freiheit:
Zustand der Nichteinschränkung, der Nichtbeschränkung, der
Bedingungslosigkeit.
Wir bestehen aus der Materie und der Energie eines Kontinuums, das uns in
Verbindung mit dem Faktor Zeit in unserer Existenz bedingt. Dadurch, dass
dieses Kontinuum unsere Existenz bedingt, unterliegen wir natürlich auch
dessen Regeln oder Gesetzen. Diesen Gesetzen gegenüber scheinen wir in
absoluter Abhängigkeit zu stehen. Sie beschränken, sie schränken ein, sie
bedingen, sie determinieren.
2. Psychische Freiheit:
Zustand der subjektiven Wahlmöglichkeit, ohne durch die Wahl Schäden zu
erleiden.
3. Wille:
Werterfüllungsmotivation
4. Willensfreiheit:
Unbedingte und uneingeschränkte Werterfüllbarkeit. Wenn unsere Werte
unseren Willen bedingen und wenn diese Werte durch unsere Genetik und alle
darauf einwirkenden Erfahrungen bedingt sind, was hat dann unsere
Erfahrungen bedingt? Welchen freien Einfluss hatten wir auf unsere
Erfahrungsbedingungen?
5. Entscheidung:
Subjektive Wahl zwischen mindestens 2 Möglichkeiten und resultierende
Bekenntnis zu einem der Beiden.
6. Wahl:
Infolge der „Bewertung“ von Realitätsanteilen durch unser „Wertsystem“
entstehende Bestimmung der Dominanz verschiedener Realitätsanteile.
7. Zufall:
Zufall können wir definieren als einen Realitätsanteil dessen exakte
Bedingungsfaktoren (Situation + Reiz) sich unserer Kenntnis entziehen. Ist
Situation und darauf einwirkender Reiz für uns bereits zu komplex zu verstehen,
so ist in der Regel das Resultat, das Ergebnis oder die folgende
Verhaltensweise viel zu Komplex, um sie verstehen zu können. Nun nennen wir
das Ergebnis, weil es uns „unbestimmt“ oder „variabel“ erscheint
„zufällig“! Wir denken nun, dass das Ergebnis auch anders „hätte“
ausfallen können.
Zufall kann aber auch als ein „variables Ergebnis“ definiert werden, als
„eben unbestimmte“ Folge von Situation + Reiz. Wenn Zufall als „variables
Ergebnis“ definiert werden kann und es dieses auch wirklich gibt, so kann
auch der „freie Wille“ bestehen!
Nun steigen
wir etwas tiefer ein in unser Wertsystem und dem daraus resultierenden
Denken und Verhalten. Was bedingt unsere Werte? Die Grundstruktur scheint
genetisch bedingt, aber eben bedingt zu sein! Haben wir uns diese
Grundstruktur ausgesucht? Vermutlich nicht. Haben wir uns unsere Eltern,
die Kultur, den Ort, das Milieu, die Zeit unserer Geburt ausgesucht? Manche
Glaubensrichtungen bejahen das. Ich halte es zurzeit für eher
unwahrscheinlich.
Auf diese
Grundstruktur wirkten unsere Erfahrungen ein, ergänzten und veränderten
dadurch zwangsläufig unsere Werte. Was hat unsere Erfahrungen bedingt?
Hatten wir steuernden Einfluss darauf in welchen Kindergarten, welche
Schule oder welches Heim wir gingen und welche Einflüsse dort auf uns
einwirkten? All das prägte unser Wertsystem, unsere Persönlichkeit. Diesen
Prozess nennen wir unter Anderem „Veränderung, Entwicklung, Lernen,…..“.
Neurologisch sprechen wir nun von der „Plastizität des Gehirns“! Dieser
Veränderungszwangsläufigkeit unseres Gehirns widerspricht vermutlich
niemand ernsthaft! Sie ergibt sich aus mehreren Faktoren, die für diese
Neuroplastizität klare Bedingungen darstellen. Nichts bleibt, wie es ist,
die Alterung, das Lernen und vieles, vieles mehr…!
Nichts bleibt, wie es ist!!! Alles verändert sich auf der Basis der
Zwangsläufigkeit. Vermutlich sind wir uns inzwischen über die determinierte
Veränderung von Realitätszuständen einigermaßen einig.
Die Alterung wirkt auf alle biologischen Systeme zwangsläufig
verändernd!
Lernen können wir definieren als einen
Informationszuwachs, der psychologisch einer Wertveränderung
entspricht und der neurologisch mit einer Veränderung der
Neuronenkonfiguration, beziehungsweise deren Synapsen
zu entsprechen scheint.
Nun noch einige Beispiele, die auch helfen können dieses komplexe
Prinzip zu verstehen.
Der Faden:
Stellen Sie sich einen unendlichen Faden vor. Der Faden
symbolisiert sowohl die Zeit wie auch die Neutralität. Auf diesem Faden läuft
ein imaginärer Punkt – unsere Gegenwart! Der Punkt kommt aus der Richtung,
die wir Vergangenheit nennen. Der Punkt läuft in die Richtung, die wir
Zukunft nennen. Die absolute Geradlinigkeit des Fadens steht für die
Neutralität der Realität. Betrachten wir nun den Faden im Bereich dessen,
was wir Vergangenheit nennen. Erscheint uns nun ein Bereich des Fadens als
krumm oder gebogen, so ist das gleichbedeutend mit der Interpretation der
Negativität oder Positivität von interpretierten Vergangenheitsanteilen.
Ist die Realität nun wirklich neutral, würden wir die Realität in unserer
Interpretation der Negativität wohl fehl interpretieren.
Beispiel: Vater entschied sich für den Beginn einer Lehrstelle,
obwohl der Sohn auf die Schule gehen wollte. In unserem Beispiel empfand
der Sohn des Vaters Entscheidung von Anfang an bis in die Gegenwart als
„Negativ“. Vater „hätte“ sich auch anders
entscheiden können – denkt der Sohn! Sieht dieser Sohn nun den Krummen,
weil negativ und vermeidbar interpretierten Bereich seines
Vergangenheitsfadens an, so hat er nun eine Chance etwas zu lernen oder
die Last der Negation weiter zu (er)tragen -- je nach dem Zustand seines
Wertsystems!
Besteht in seinem Wertsystem bereits die Erkenntnis der Destruktion solcher „Lasten“ und / oder die Erkenntnis der Konstruktivität des Verstehens und seiner
Folgen, so wird der Sohn versuchen die Beweggründe seines Vaters verstehen
zu wollen. Das so entwickelte „Verstehen“ des Sohnes wird eine Neutralitäts- und Zwangsläufigkeitserkenntnis nach sich
ziehen, die den krummen „Vergangenheitsfaden“ begradigt. Fortan belastet
diese Last der Negation den Sohn nicht mehr. In diesem Beispiel verstand
der Sohn die Bedingungsfaktoren oder Entscheidungsfaktoren des Vaters. Er
verstand, dass die Determination kein anderes Wertsystem, Denken oder
Verhalten des Vaters zu diesem Zeitpunkt zugelassen hat.
Die Erkenntnis, dass die Vergangenheit nicht anders ablaufen
„hätte“
können, als sie eben ablief fällt uns noch relativ leicht.
In unserer Interpretation des „freien Willens“ können wir also trotzdem oft
verstehen, dass die Vergangenheit der Determination unterlag. Die Zukunft
denken wir aber in der Regel durch unseren „freien Willen“ beeinflussen zu
können. Sie scheint uns noch nicht festgeschrieben zu sein. Sehen wir uns
den “Faden“ in Richtung Zukunft an, so verschwindet er bald im Nebel der
Unkenntnis! Weil aber nur wir die Zukunft nicht kennen, heißt das noch
lange nicht, dass sie „unbestimmt“ ist! Die Zeit als ein einziges
Gesamtmedium zu verstehen fällt uns schon etwas schwerer. Zeit als gesamtes
Medium kennt vermutlich weder Vergangenheit noch Zukunft. Durch den
„Umschlagpunkt“ der interpretierten Gegenwart teilen nur wir die Zeit in
Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart ein. Schieben wir nun virtuell den
Gegenwartspunkt auf dem Zeitfaden 1 Jahr in die Zukunft, so werden wir in
diesem vor uns liegenden Jahr, das dann ja Vergangenheit wäre wieder die
Zwangsläufigkeit der Determination verstehen. Auf diese Art können wir
möglicherweise leichter verstehen, dass die Determination nicht nur in
unserer Vergangenheit wirken konnte, sondern als ein Gesetz, das die gesamte
Unendlichkeit der Zeit umspannt.
Billardkugeln:
Stellen sie sich eine Billardkugel vor, die von ihnen mit einer
anderen Billardkugel angeschossen wird. Die Reaktion der angeschossenen
Billardkugel scheint als zwangsläufig erkennbar. Auftreffkraft, Auftreffwinkel,
Untergrund, Lage des Untergrundes, Wind sind die hauptsächlichen
Bedingungen für die Reaktion der Billardkugel. Das ist die einfache
Version. Wäre ja langweilig. Deshalb machen wir es etwas komplexer. Mehrere
Billardkugeln werden direkt und indirekt von der stoßenden Billardkugel
bewegt. Glauben Sie schon an Zufall oder die Variabilität der Reaktion?
Nein? O.k.. Dann noch komplexer. Die bewegten
Billardkugeln befinden sich bei dem Stoß der auftreffenden Billardkugeln
bereits in Bewegung. Noch komplexer? Stellen sie sich einen Raum vor, in
dem die Schwerkraft durch die Fliehkraft annähernd aufgehoben wird (z.B.
Erdorbit). Gleiche Beispiele. Eine Kugel trifft eine Kugel. Eine Kugel
trifft mehrere. Eine Kugel trifft mehrere bewegte Kugeln. Mehrere Kugeln
treffen mehrere bewegte Kugeln. Wann kommt der Zufall oder die Varianz ins
Spiel? Immer noch nicht? Dann noch viel komplexer! Unser Gehirn besteht aus
bis zu einer Billion Neuronen, von denen jede einzelne in kurzen
Intervallen Aktionspotenziale weiterleitet. Diese können wir mit
Billardkugeln vergleichen. Unser Denken erscheint mir als der Prozess des
Laufes dieser extrem vielen Aktionspotenziale. Ein Reiz, der auf unsere
Rezeptoren einwirkt, wird in Aktionspotenziale übersetzt und gleicht der
Einwirkung von vielen Billardkugeln, die auf ein System aus extrem vielen
im Bewegungsprozess befindlichen Billardkugeln einwirkt. Wo ist nun der
Zufall? Wenn er da ist, ab wann und wo hat er begonnen zu existieren?
Ich will nicht sagen, dass es keinen Zufall oder die Varianz der
Reaktion gibt, die die Voraussetzung für den freien Willen meines Erachtens
wäre. Ich will nicht einmal sagen dass es keinen „freien Willen“ gibt oder
/ und dieser „freie Wille“ nur Illusion ist! Ich will nur sagen, dass ich
keine Anhaltspunkte dafür finde. Ich hoffe aber auf sie, da mir die
Existenz eines freien Willens deutlich lieber wäre als die Determination!
Ich müsste aber etwas konstruieren, um an den freien Willen glauben zu
können. Das will ich nicht. Ich überlasse es Religionsgründern und
Menschen, die ähnlich denken. Warum Religionsgründern? Weil
Religionsgründer immer zuerst eine Struktur konstruieren mussten, eine
Gottheit oder gleich mehrere. Diesen Göttern wurden dann noch weitere
Eigenschaften ankonstruiert. Konstrukte in Konstrukten! Die Konstrukte
erhielten nun definierte Größe, Aussehen, Wesenscharakteristik, Motive,
Verhaltensweisen, Äußerungen, und viele andere Details. Ihnen wurden
Interaktionen mit Menschen ankonstruiert, Kommunikationen. (Und Gott [oder
sonst wer] sprach zu: ……) Sehen wir uns nun die
vielen Religionen mit ihren einzelnen oder vielen Göttern, deren
verschiedenen Eigenschaften, verschiedenes Aussehen, verschiedene Motive,
verschiedene Äußerungen an. Vergleichen wir diese vielfältigen, irrwitzigen
und teils obskuren Konstrukte miteinander, bringen noch die eifersüchtigen,
arroganten und überheblichen Allein - Wahrheitsansprüche der einzelnen
Religionen mit ins Spiel, dann müssen wir wohl spätestens jetzt erkennen,
das unsere Hoffnung die wesentliche Bedingung für unsere vielen
Glaubensrichtungen darstellt. Und auf was hoffen wir, wenn wir an den
„freien Willen“ glauben? Vermutlich hoffen wir einfach darauf, dass wir
nicht zu einem unendlich kleinen, unwesentlichen Teilchen der Realität
degradiert werden, das einfach nur reagiert wie es
muss und dass nichts, wieder nichts, aber auch gar nichts objektiv im
Ablauf der Realität mitzureden hat. Weder in Aspekten, die das unendlich
kleine Teilchen selbst betrifft, noch in Bereichen, die darüber
hinausgehen! Und diese Erkenntnis scheint für viele von uns zu harter Tobak
zu sein! Nach dem Motto: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf“!
Auch in der so genannten Wissenschaft scheinen die Konstrukte, in denen wir
weitere Konstrukte und wieder weitere Konstrukte einbauen recht beliebt zu
sein. Bereits Moleküle sind für uns nur als Konstrukte zu verstehen, da wir
sie einzeln kaum sehen können. Atome, von denen man vor nicht allzu langer
Zeit noch dachte, dass sie das Allerkleinste seinen und noch dazu unteilbar
(átomos) wären, können wir uns auch nur in den
Funktionen und Eigenarten erklären oder konstruieren. Nun sind wir aber
schon in viel kleineren subatomaren Strukturen, bei den Quarks oder Gluonen und produzieren damit Konstrukte in
Konstrukten. Solange wir nun Konstrukte prägen und uns klar darüber sind,
dass es sich um hilfreiche Produkte oder Thesen handelt, die Realität
besser zu verstehen, scheint alles in Ordnung. Sobald wir aber versuchen,
die Konstrukte zu „beweisen“ um sie damit zur „Realität“ zu machen praktizieren
wir nichts anderes, als die bekannten Religionen. Wir erstellen einen
Anspruch auf einen alleinigen Wahrheitsanspruch. Nun diskutieren und
debattieren wir gegeneinander und damit zerschneiden wir und wir versuchen
nieder zu schlagen! Schade um die Verluste, die wir in solchen Formen der
Kommunikation zu erleiden haben.
Noch einige Worte zum „Hätte“! Nehmen wir an, heute
Morgen hat es bei uns geregnet. „Hätte“ es auch nicht Regnen
oder Schneien können? Wer in der gegebenen Situation „ja“ sagt, muss andere
Voraussetzungen nicht nur als möglich sondern als zwingend erforderlich
interpretieren. Die wesentlichen, bedingenden Faktoren für Regen heute
Morgen waren die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit und der Luftdruck. Diese
Parameter waren so, wie sie eben waren, nicht anders. Und jedes: „Es „hätte“
auch nicht Regnen oder schneien können setzt andere
Voraussetzungen voraus, als sie bestanden! Nun können wir bei den
Voraussetzungen, die sein „hätten“ können immer weiter und
bis zum möglichen Urknall und noch weiter zurückgehen. Deshalb werden sie
trotzdem nicht zur Realität der Vergangenheit. Aus diesem Grunde musste es
in unserem Beispiel heute Morgen Regnen. Determination?
Was ist die größere Zahl? 10 oder 15? Wofür „entscheiden“ sie sich?
Haben sie sich bei solch einer Frage überhaupt zu entscheiden? Oder ist die
Antwort klar und damit als eine Zwangsläufigkeit determiniert oder
bestimmt? Erinnern sie sich noch an die „Werte“? Durch unsere Werte
bestimmen wir die Wertigkeit oder Charakteristik von Realitätsanteilen.
Aufgrund unseres Wertsystems weisen wir all unseren interpretierten
Realitätsanteilen gewissermaßen eine Zahl zu. Bei mir bekommt das Fahrrad
eine 22, das Auto eine 37 zugeteilt, Kommunikation eine 476, Neugierde eine
3742, die Liebe eine 17342 und so weiter. Eines jeden Menschen Wertsystem
weist jedem Realitätsanteil und wiederum jedem Gedanken einen oder mehrere
Werte zu. Mehrere? Vermutlich ja, da wir innerhalb unserer Psyche
mindestens 2 grundverschiedene Strukturen kennen. Emotio und Ratio! Wie ist
es dann noch mit den angeborenen – und den anerzogenen Werten? All diese
und die resultierenden Mischstrukturen unserer Psyche weisen
interpretierten Realitätsanteilen Bewertungen oder Größen zu, die wir, sehr
vereinfacht mit Zahlenwerten gleichsetzen können. Komplex? Natürlich!
Angenommen, sie weisen mit ihrem Wertsystem dem Fahrrad eine 22 und dem
Auto eine 37 zu. Was ist ihnen dann wichtiger? Jemand nimmt ihnen eines der
beiden Objekte weg, sie können aber „entscheiden“ welches! Würden sie sich
„entscheiden“ welche Zahl größer ist? 22 oder 37? Oder ist klar, was für
sie den höheren „Wert“ hat? Und - dass sie sich wohl oder übel von ihrem
Fahrrad trennen werden.
Oder: Sie bekommen von jemandem eine Ohrfeige! Patsch! Sie spüren
den Schmerz und sind sehr erschreckt! Wie reagieren wir in einer solchen
Situation? Können wir mit einem Schieberegler einstellen, ob wir spontan,
reflektorisch, emotional oder rational, überlegt, analytisch, rational
reagieren? Ich denke, dass es in unserer Psyche keinen Schieberegler gibt.
Keinen für Freude, Liebe, Angst, Lust, Aggression und so weiter! Oft hätten
wir diesen Schieberegler gerne. Wie gerne und oft würden wir den Regler für
Hunger oder Appetit nach unten verschieben? Wie gerne wären gerade wir
Männer, eben wir Indianer frei von Angst oder Schmerz? Fleiß, Geduld,
Konsequenz, Zielstrebigkeit, Souveränität, Intelligenz nach „oben“!
Dummheit, Oberflächlichkeit, Faulheit, Angst nach „unten“! Wer von uns kann
das? Im Moment vermutlich niemand. Natürlich werden wir, je nach dem Status
Quo unserer Persönlichkeit, unserer Werte, Denkweisen, Verhaltensweisen und
die mit der Umwelt resultierenden Interaktionen bewerten, analysieren und
schon durch die Analyse 4 Bereiche werden sich Veränderungen durch das
„Verstehen“ in unserem Wertsystem ergeben, die wir „Lernen“ nennen! Für
mich ist das kein Schieberegler, der in einem bestimmten Moment gesteuert
werden kann sondern ein zwangsläufiger Prozess der Neuroplastizität unseres
Gehirns.
Wir waren beim “Patsch“ der Ohrfeige, die sie kriegen. Je nach
ihrem Entwicklungsstand oder ihrer Reife werden sie nun reagieren. Wir alle
kennen Menschen, die in solch einer Situation spontan, wütend und aggressiv
mit Zins und Zinseszins zurückschlagen. Andere, die resigniert und
ängstlich in der Flucht ihr „Heil“ suchen. Wieder Andere, die sich
strategisch, theatralisch fallen lassen, Körperverletzung geltend machen
und eine lebenslange Rentenzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit anstreben.
Andere wiederum fragen den Geber der Ohrfeige nach dem Hintergrund seines
Verhaltens. Wo ordnen sie sich ein? Und wenn sie sich irgendwo einordnen, „könnten“
sie auch etwas anderes tun, als sie „täten“? Welche andere
„Persönlichkeitskonstellation“ würde eine andere Reaktion voraussetzen? Wir
sind wieder beim alt bekannten „hätte“, „wäre“, „wenn“, „könnte“, sollte“,
„müsste“ und so weiter!
Nun stellen
sich uns verschiedene Fragen.
1. Handelt es sich bei der Logik und den
Naturgesetzen um „in etwa – Vorgaben“ oder um zwingende Vorgaben, denen
Masse und Energie und alle daraus resultierende Strukturen absolut
entsprechen müssen? Gibt es etwas „unlogisches“ oder kannten wir bei
Verwendung dieses Wortes nur bestimmte Parameter noch nicht, die eine
„unlogisch“ interpretierte Situation oder Ergebnis bedingt haben?
2. Verändert die Komplexität einer Situation oder
eines Reizes dieses beschriebene Prinzip?
3. Bestehen wir Menschen aus Masse und Energie oder
den daraus resultierenden Strukturen? Oder sind wir mehr als das? Und wenn
ja worin sind wir mehr?
4. Wenn Ja, unterliegen wir dann der Determination?
5. Wenn Nein, welche Umstände bedingen innerhalb
unserer Existenz den Zufall, die Variabilität und ein „hätte“?
6. Wenn eine „Reaktion“ eine Handlung ist, die einer
vorangegangenen Handlung oder einem Reiz kausal folgt – gibt es dann eine
„Aktion“? (Realitätsprozess)
7. Wenn diese Definition der Schuld stimmt: „Schuld ist das Resultat aus
„vermeidbarem“ und „selbstentschiedenem“ Verhalten, in dessen Folge Schaden
für Andere oder mich selbst entstand.“ Gibt es dann „Schuld“, wenn die
Determination sowohl die „Vermeidbarkeit“ wie auch die „Selbstentscheidung“
nicht erlaubt?
8. Punkt 7 vorausgesetzt. Was ist Strafe – und wie
sinnig erscheint sie unter der Annahme der „Determination“?
An dieser Stelle eine Definition für „Strafe“:
Gewaltorientiertes Manipulativ mit der
Zielsetzung über Angst im Manipulierten unerwünschte Verhaltensweisen zu
vermeiden und andere, erwünschte Verhaltensweisen zu bedingen. Im
Unterschied zur Information, bei der das Ziel die Entwicklung des Menschen
darstellt wird bei der Strafe die Angst menschenverachtend und sadistisch
missbraucht und die Entwicklungsbehinderung oder Entwicklungsverhinderung
nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern sie scheint sogar oft
erwünscht zu sein. (Soviel zum Thema „Würde“ des Menschen!!)
9. Wie unglaublich viele destruktive Manipulative von Kirchen, Staaten, Industrien, Ländern,
Schulen, Eltern funktionieren nur durch den missbrauchenden Einsatz von
Angst? Wen beschimpfen, bevorwurfen, bedrohen,
bestrafen, erpressen, ängstigen, peinigen und töten wir, der nie anders
konnte als er oder sie es tat?
10.
Was müssen „wir“
alle alles noch lernen, bevor „wir“ die Reife
erlangen, in der „wir“ verstehen was „uns“
nützt und was „uns“ schadet? Was müssen wir verstehen bis in uns der „WIR-Gedanke“ reift? Der „Nutzen“ meiner Entwicklung
wird zu meinem Ertrag und damit zum „Gewinn“ der Menschheit! Meine
Kurzsichtigkeit und Destruktion wird zu meinem Schaden führen müssen und
damit zum Schaden der Gesamtheit!
Wenn Freiheit
der Zustand der Nichteinschränkung, der Nichtbeschränkung, der
Bedingungslosigkeit von unseren existenzbedingenden
Faktoren ist, also von Masse, Energie und den daraus resultierenden
Strukturen und den Gesetzen, nach denen sie reagieren, dann gibt es meines
Erachtens keine Freiheit. Wir unterliegen nun mal der Logik, der
Schwerkraft, der Temperatur u.s.w.. Diese Abhängigkeit muss sich aber auf unsere Existenz
nicht destruktiv auswirken, solange wir die Zusammenhänge verstehen, nach
denen wir reagieren.
Sehr wohl
wirken aber die Abhängigkeiten gegenüber den in uns hineinerzogenen
(anerzogenen) Werten destruktiv.
Durch diese
anerzogenen Werte
1. negieren wir!
2. wenden wir „Gewalten“ an, um gegen Dinge, Situationen, Menschen,
Eigenschaften zu kämpfen, die nicht „negativ“ sind.
3. verlieren wir immer mehr Energien, weil wir glauben, wir könnten im Kampf etwas
gewinnen!
4. produzieren wir Feinde, die keine sind!
5. identifizieren wir uns mit Aspekten, Eigenschaften, Menschen, Idealen
die wir nicht sind!
6. fühlen wir uns angreifbar ohne angreifbar zu sein!
7. fühlen wir uns „wertvoll“ durch Besitz, Eigenschaften, Fähigkeiten, die unseren „Wert“ in keiner weise verändern!
8. fühlen wir uns „wertlos“ durch Eigenschaften, die unseren „Wert“ in
keiner weise verändern!
9. wird, ohne dass wir es bemerken, unser „Selbstbewusstsein“ zu einem „Fremdbewußtsein“!
10.
werden wir zu
Opfern der Ängste, mit denen wir selbst manipuliert wurden.
11.
wurden wir zu
Tätern und manipulieren andere, die wir damit zu Opfern machen.
12.
übernehmen
wir die Verantwortung für uns selbst kaum mehr, maßen uns aber
Verantwortungen an, die uns nicht zustehen!
13.
verlieren wir
unsere biologische Liebesfähigkeit und verwechseln Liebe mit „Besitz“ und „Rechten“!
14.
verlieren wir
immense Entwicklungspotenziale!
15.
bedingen wir
Frustrationen und Krankheiten und ignorieren sie dann als Informativ dafür,
dass in uns etwas nicht „stimmt“!
Indem wir
diese destruktiven Einflüsse, Wirkungen und Folgen der uns anerzogenen
Werte rational und emotional besser verstehen machen wir uns in gewissem
Sinne „frei“ von Diesen!
Durch unsere
Bereitschaft und unseren Versuch, bewusster zu denken werden wir andere,
konstruktivere Erkenntnisse aufbauen können. Wir lernen. Unserem Wertsystem
stehen viel mehr so genannte „Auswahlmöglichkeiten“ zur Verfügung!
Und hier
erscheint mir eine Parallele zur These des „freien Willens“ zu bestehen!
Die
Annäherung beider Thesen besteht meines Erachtens darin, dass wir
„subjektiv“ durch unsere Entwicklung mehr verstehen, uns dadurch mehr
„Wahlmöglichkeiten“ zur Verfügung stehen und wir dadurch in der Lage wären,
unser Leben und unsere Zukunft „frei und selbst zu bestimmen“.
Mit meinen
Thesen will ich dazu auffordern, mir Ideen zu bieten, die mir meinen
„freien Willen“ wieder erlauben. Ich selbst fand die letzten 30 Jahre keine
akzeptablen Thesen für „freien Willen“! Vielleicht gelingt es anderen?!
Bedenken sie
bitte auch folgendes: Die Realität ist, wie sie ist. Durch unsere Thesen,
Meinungen und scheinbaren Wissensbereiche über das, was wir in der Realität
sehen verändert sich diese Realität nicht. Wenn wir also an unsere Erde als
Fläche mit einem Rand glaubten, so war unsere Erde auch damals vermutlich
keine Fläche mit Rand. Wenn wir an den „freien Willen“ glauben, so beginnt
er durch unseren Glauben nicht zu existieren! Und die „Determination“
beginnt natürlich auch nicht zur Wahrheit zu werden, nur weil wir an sie
glauben! Mit Gott, Shiva, Manitu und Anderen
dieser Gilde verhält es sich ähnlich. Wie lächerlich, krank und dumm sind
unsere Streitsituationen diesbezüglich? Und – wie lustvoll können
konstruktive Gespräche mit Andersdenkenden in Verbindung mit Respekt zu
einer Bereicherung für uns werden?
Glücklicherweise
müssen wir heute keine (oder nur noch ganz selten) Köpfe mehr rollen lassen
um die „Richtigkeit“ unserer Meinungen zu „beweisen“!
Viel Spass!!!!
peterhartberger@gmail.com
Copyright
© 2010 Peter A. Hartberger
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